Über einen längeren Zeitraum hinweg entstanden bis Herbst
2023 zwei Wandbilder für die inklusive Wohnanlage Fritz und
Jack, in der ich zu dieser Zeit seit mehreren Jahren auch selbst
mein Apartment hatte. Hier wohnen Nachbarn mit und ohne
Unterstützungsbedarf oder Behinderung nebeneinander – zentral
in Augsburgs Innenstadt. Die Idee: Die Bewohner sollten in dem
Gebäude, das schon auf eine bewegte Vorgeschichte als
Pilgerzufluchtsstätte und Seniorenwohnheim zurückblickt, mit
ihrem aktuellen Leben Präsenz zeigen können, eigene Spuren
hinterlassen. Das – trotz allem Alltag, der hier tobt –
doch sehr klinik- und heimlastige Flair unserer Flure sollte aufgelockert
werden. Das Fritz Felsenstein Haus unterstützte als Vermieter das
Projekt von Anfang an.
Auch aus pragmatischen Gründen entschieden wir uns
tatsächlich für Spuren und sammelten im Frühjahr diesen
Jahres in einer Gemeinschaftsaktion Hand-, Fuß-, und
Radabdrücke auf großen Papierbahnen. Wetter und Stimmung
waren gut, die ganze Sache gleich sehr schwung- und humorvoll –
und es entstand ein reichhaltiger Schatz an Material. Die sehr diversen
Spuren, die so gewonnen wurden, wurden dann abfotografiert (statt
Scans) und zu zwei unterschiedlichen Wandbildern komponiert –
intuitiv und digital.
Mir gefällt der Gedanke, dass aus einem dynamischen Nachmittag mit
viel Spaß und gemeinsamem Ausprobieren nun ein dauerhaftes Bild
entstanden ist, das eigene Aussagen vermittelt.
Das Wandbild
II im Rahmen Spuren hinterlassen: Dass wir als Menschen mit
unterschiedlichen Schwierigkeiten erst probieren mussten, auf welche Weise
wir „gute Spuren“ hinterlassen konnten, symbolisiert ein
Stück Lebensrealität – ebenso, dass diese Spuren
normalerweise von den meisten übergangen und unbeachtet geblieben
wären. Wer als behinderter Mensch bleibende, brauchbare, belastbare
Spuren hinterlassen will, muss sich inmitten einer eigentümlichen
Mischung aus den entscheidenden eigenen Intentionen,
Zufällen/Missgeschicken und Widerständligkeiten des Materials
sowie Vorbehalten und „Entgegnungen“ seiner sozialen Umwelt
zurechtfinden. In vieles mischt sich stets der unumgängliche Bedarf
nach fremder Unterstützung…
Auch dafür stehen symbolisch die Farbspuren der Wandbilder, die
sicherlich nicht alle wie geplant zu Papier gekommen sind,
anschließend digital verfremdet und schließlich aufgrund
einer neuen Idee wiederum anders zusammengefügt wurden.
Wandbild I mit Autor
Was folgt?: Ich freue mich an den entstandenen zwei
Ergebnissen und über die schließlich doch gelungene
Gemeinschaftsaktion. Kleinere Arbeiten aus dem gewonnenen Material
sollen folgen. Ich könnte mir außerdem ein Projekt
vorstellen, dass noch direkter auf uns behinderte Persönlichkeiten
hier vor Ort und unsere Alltagsgeschichten eingeht. Doch dazu
bräuchte es weitere Kunst und weitere Künstler.
Ich bedanke mich sehr bei allen Nachbar/innen, die mitgemacht haben,
der Hausgemeinschaft und dem Team von Fritz und Jack – und
darüber hinaus bei allen, die an solche Momente kleiner Kunst
glauben … sogar auf großer Fläche.
Formenspiel.Art: Computerkunst aus Naturmotiven. Ansichtssachen
zur Diskussion.
Zu den Abbildungen: Die Beispielbilder sind
für das Web verkleinert, heruntergerechnet und ausnahmslos als
Pixelgrafiken wiedergeben. Alle meine Originalbilder gehören
sorgfältig gedruckt betrachtet. – Die beiden ersten
Wandbilder können in der Wohnanlage Fritz & Jack besichtigt
werden.